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Die Hexensalbe: Ein Name, der seit Jahrhunderten die Phantasie anregt. Was ist das wahre Geheimnis hinter dieser als magisch geltenden Salbe?
In unzähligen Legenden und Sagen werden uns die Geschichten geheimnisvoller Salben erzählt, die angeblich von Hexen und Zauberern hergestellt wurden und vermeintlich zu übernatürlichen Fähigkeiten führten.
Eine der bemerkenswertesten Fähigkeiten, die man der Hexensalbe zuschrieb, war die Gabe des Fliegens. Daher erhielt sie auch den Namen "Flugsalbe". Es existieren zahlreiche Sagen, die diese unglaubliche Eigenschaft illustrieren, wie zum Beispiel die folgende aus Südtirol:
Die Haselhexe:
"Ein Bauersknecht in Seis am Schlern beobachtete heimlich die Magd, welche im Rufe der Hexerei stand, als sie gerade in der Küche die Ofengabel mit einer Salbe einrieb und auf derselben mit dem bekannten Spruch:
"Überall auf und nirgends an!"
durch den Kamin hinaufritt. Da sie den Salbentiegel stehen gelassen hatte, nützte der Knecht die gute Gelegenheit, schmierte damit am Küchenbesen herum, setzte sich dann rittlings darauf und fuhr mit dem Spruch:
"Überall auf und überall an!"
ebenfalls durch den Kamin. Den Spruch hatte er nämlich falsch gehört. Arg zugerichtet, gelangte er auf das Dach; er war mit seinem Schädel überall angeprallt..."
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 435 f.
Im Laufe der Jahrhunderte hat man auf oft abenteuerliche Weise über die möglichen Inhaltsstoffe einer typischen Hexensalbe gerätselt. Von Menschenblut, Kinderfett bis hin zu Fledermäusen war die Rede. Enrico Malizia veröffentlichte 2002 hierzu ein besonders informatives Buch „Liebestrank und Zaubersalbe“ (erschienen im Orbis Verlag) in dem er zahlreiche Rezepturen aus alten Büchern gesammelt hatte.
Viele dieser überlieferten Rezepturen erscheinen wie wild zusammengewürfelt, es scheint je ausgefallener die Zutaten desto besser. Auffallend viele dieser Rezepte enthielten Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceen), wie beispielsweise Bilsenkraut, Tollkirsche, Alraune und Stechapfel. Diese Pflanzen wirken sowohl berauschend als auch schmerzstillend, können jedoch in höherer Dosierung tödlich sein.
Hexenflug (Aus Thomas Erastus, Dialogues touchante le pouvoir des sorcières et de la punition quèlles méritent, Genf 1579)
Mittelalterliche Quellen beschreiben die Farbe der gefundenen Hexensalben oft als grün. Ähnliche Farben finden wir heute noch in volkstümlichen Leinkraut- und Pappelknospensalben, die unter anderem als schmerzstillende Salben verwendet werden. Daher liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei den ursprünglichen Hexensalben um schmerzstillende Salben handelte, die wohl in vielen Haushalten zur Verfügung standen. Durch die Zugabe von Bilsenkraut, Stechapfel, Alraune und/oder Tollkirsche konnte die schmerzstillende Wirkung verstärkt werden. Noch in pharmazeutischen Rezeptbüchern aus dem späten 19. Jahrhundert finden sich Pappelknospensalben gegen Hämorrhoidalbeschwerden, denen genau zu diesen Zwecken Bilsenkraut und Tollkirsche zugesetzt worden war. Missbräuchlich angewendet, wurde die Salbe jedoch zu einem gefährlichen Rauschmittel.
Der Verdacht wird durch die Beschreibungen des Rauschzustands, den Nachtschattengewächse hervorrufen, untermauert. Oft wird dieser Zustand als tiefer Schlaf mit Flugträumen und erotischen Fantasien beschrieben. Nach dem Erwachen fühlen sich die Betroffenen niedergeschlagen und erschöpft und haben das Gefühl, ihre Träume tatsächlich erlebt zu haben. Dies könnte – neben der Folter – erklären, warum Menschen geträumte Inhalte als real erlebte Begebenheiten gestanden haben, wie zahlreiche Prozessakten aus der Zeit der Hexenverfolgung zeigen.
Die besonderen Effekte der Nachtschattengewächse könnten also tatsächlich dieses alte Rätsel lösen.
Vorsicht: Bilsenkraut, Stechapfel, Alraune, Engelstrompete und Tollkirsche sind hochgiftig. Es kommt immer wieder – gerade bei Jugendlichen die diese zu Rauschzwecken konsumieren – zu gefährlichen Vergiftungsfällen. Jegliche Verwendung, sei es innerlich oder äußerlich, kann zu tödlichen Vergiftungen führen!
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